Florian
Das Leben als Einhandsegler ist schon bedeutend anders, als zu zweit. Ohne Frau an meiner Seite vermeinen manche Männer offenbar, dass ich schwul bin. Jedenfalls habe ich auf dem Weg zum Abschlussbankett in Bawean, zu dem wir auf einem Pritschenwagen fahren, auf einmal die Hand meines indonesischen Nachbarn auf meinem Knie. Ich nehme die Hand leicht perplex weg, doch gleich ist sie wieder da. Mein Nachbar ist ein kleiner Indonese (das sind sie aber eigentlich fast alle) in fortgeschrittenem Alter. Diesmal packe ich seine Hand, blicke ihm tief in die Augen und lasse keinen Zweifel daran, dass ich weder seine Hand noch sonst etwas von ihm möchte. Ich denke jetzt hat er mich verstanden. Soll ich mich jetzt auch bei #metoo outen??
Treffpunkt zum Abschlussbankett auf Bawean |
Geschwader Richtung Borneo |
Der Wind ist gut und es geht flott dahin. Wie immer ist natürlich die Nacht die große Herausforderung - Schlafmangel, das Los des Einhandseglers. Ich koche vor - es gibt diese fixfertig Chinasuppen mit Nudeln, allerdings von mir mit viel Gemüse, extra Nudeln und Kokosnussmark aufgepeppt - jetzt habe ich eine Tom Yam Gung Suppe, die nicht zu scharf ist, super schmeckt und ordentlich ausgibt.
Ich gönne mir 15 Minuten Schlafintervalle - gut, dass meine Laufuhr eine Intervalltraining-Einstellung hat. Als allerdings viele, viele Lichter von Fischern am Horizont auftauchen, ist es mit Schlafen vorbei. Hier ist einiges los und es heißt aufmerksam sein. Falls ein Fischer zu nahe kommt drehe ich das Decklicht auf, damit die Segel hell erleuchtet sind. Auch meine superstarke Stroboskoptaschenlampe liegt griffbereit - damit werde ich JEDENFALLS gesehen.
Irgendwann ist die Fischereigegend durchquert und vor mir liegt nur noch dunkle See. Also darf ich mir wieder meine 15 Minuten Schlaf gönnen. Und so graut schließlich der Tag heran und ich befinde mich bereits an der Südspitze von Borneo.
Leider schläft nun der Wind ein, aber ich habe Zeit und schalte erst nach einer Stunde den Motor ein, denn ich will heute zumindest den ersten Ankerplatz an der Flussmündung des Flusses nach Kumai erreichen. Doch dann kommt doch wieder Wind auf, ich setze volle Segel und rausche mit 7 Knoten dahin. Leider gesellen sich bald dunkle Wolken zum Wind und als es zu donnern anfängt, hole ich die Segel so rasch als möglich ein und lasse nur die kleine Fock stehen. Keine Sekunde zu früh, denn wie als ob ein Schalter umgelegt wird, knallt der Wind mit 30 Knoten daher und Starkregen nimmt jegliche Sicht. Bei Gewitter ist mir seit dem Blitzeinschlag in Panama nicht wohl. Als das Blitzen aufhört schrubbe ich im Starkregen das Deck - und mich; endlich wieder Regen! Nach einer Stunde ist der Spuk vorbei - und der Wind wieder weg.
Ich motore in den breiten Fluss, der mich nach Kumai bringt. Es herrscht Flut und die seichteste Stelle ist 3,8 m, also zumindest 2,3 m Wasser unter dem Kiel. Man sollte bei flachen Stellen ausschließlich bei Flut - also bei steigendem Wasser - einlaufen, denn dann kommt man wieder frei, falls man doch aufsitzt.
Flusseinfahrt |
Kohleverschiffung - weg erkennt den Schaufelbagger? |
ITCZ |
Starkregen, Strömung, dämmrig, eng, übernachtig - ein Spaß! |