Dienstag, 5. Juli 2016

EIN SPEZIELLER TAG

Florian

Heute vor 3 Jahren haben wir Österreich verlassen, sind mit unserem Auto samt Anhänger mit unseren Habseligkeiten über die österreichische Grenze nach Italien, um unsere Weltumsegelung anzutreten.
Nach 3 Jahren unseres Abenteuers und vielen interessanten Gesprächen mit anderen Langzeitseglern, warum wir uns in dieses Abenteuer wagen, hat sich eine Antwort herausgebildet, die auch von vielen anderen Seglern bestätigt wird: Man lebt wesentlich intensiver als Langzeitsegler. Die Höhen und Tiefen des Lebens werden extremer empfunden, da man extrem der Natur ausgesetzt ist und man permanent auf neue Herausforderungen stößt, Situationen, auf die man nicht vorbereitet ist bzw. die man nicht erwartet hätte. Das macht aufmerksamer und wachsamer und man nimmt die Dinge des Lebens intensiver auf. Schwierig zu erklären – das muss man schätze ich selbst empfunden haben, um es nachvollziehen zu können.

Außerdem ist heute mein 49. Geburtstag! Und wie haben wir diesen gefeiert? – siehe vorstehenden Absatz – sehr intensiv. Um 03:30 Uhr weckt mich Martina während meiner Freiwache. Der Wind spinnt und der Autopilot setzt dauernd aus. Draußen haben sich dicke Wolken zusammengebraut und der Wind hat ordentlich aufgefrischt und auf Ost gedreht, sodass wir zu sehr nach Süd segeln. Wir unternehmen einem Versuch Butterfly zu segeln und scheitern kläglich. Die Welle ist zu stark, und die ESPERANZA kann den Kurs nicht halten. Martina kämpft am Ruder und ich mit dem 2. Reff des Großsegels – dabei haut es uns ordentlich herum. Irgendwie schaffen wir es aber und wir wechseln auf den starken – Schwiegervater-Autopilot und haben das 2. Reff im Großsegel. Um 06:00 Uhr erreichen wir die Südspitze von Tahiti-Iti, dem kleiner Ostteil von Tahiti. Tahiti hat die Form einer liegenden 8, Tahiti-Nui ist der westliche Teil.

Da wir nicht direkt Kurs auf das Südwesteck von Tahiti nehmen können (Vorwind geht nicht, s.o.) müssen wir vor dem Wind abkreuzen. Martina ist streichfähig und hat sich in ihre Koje verzogen und hofft aufzuwachen, wenn wir angekommen sind. Die Wellen werden immer größer je näher wir zum Eck kommen. Dort trifft offenbar Strömung auf Wind und es baut sich eine bedrohlich große Welle von 4-5 Metern auf. Der Wind hat mittlerweile auf 20-25 Knoten zugelegt. Martina steckt die Nase aus der Luke. „Bring dich in Sicherheit!“, meine ich zu ihr, denn die ESPERANZA kämpft schwer mit Wind und Welle. Ich starte den Motor, um zusätzlichen Schub zu haben. Wenn uns eine Riesenwelle quer schlägt, holt uns der starke Autopilot, die voll ausgerollte Genua und der Motor wieder auf Kurs. Womöglich „spielt“ sich die ESPERANZA ja mit diesem Kurs, für mich ist es jedenfalls sehr aufregend.

Irgendwann kommen wir aber in die Landabdeckung, die Welle nimmt ab und dann ist der Wind weg, wir sind im Windschatten von Tahiti mit seinen über 2000m hohen Bergen. Tahiti ist von einem Saumriff umgeben, sodass zwischen Insel und Riff eine ca. 1/2 km breite Lagune besteht.



Nur durchs Riff hineinkommen muss man – das kennen wir ja schon von den Atollen der Tuamotus. Die Riffeinfahrt ist gut betonnt, doch 3 kn auslaufende Strömung und Wirbel, die uns herumdrehen machen uns das Leben schwer. Doch dann sind wir drinnen und – ENTENTEICH!! Schwer zu glauben, dass wir noch vor einer Stunde in haushohen Wellen und Sturm gekämpft haben.

Wir tuckern durch die Lagune und finden auch einen geeigneten Ankerplatz gleich nördlich der Marina Tahina. Und wer lieg vor uns? – die SY ALIEN; unser Freund Martin, der mir vor 2 Jahren in Grenada mit dem Motor geholfen hat und den wir vor einem Jahr durch den Panamakanal begleitet haben.


Nachdem wir sicher liegen fahren wir mit dem Dingi in die Zivilisation, zum Carefour-Hypermarkt. WHOW! Erstmals seit Februar – Panama City – hat uns die Zivilisation wieder. Wir genießen ein üppiges Geburtstagsessen (teuer aber seeehr gut!) und fahren schließlich in strömendem Regen wieder zurück auf unsere EPSERANZA.
Es war ein höchst intensiver Geburtstag. Für andere reicht die Aufregung für einen ganzen Monat; ich habe das alles an einem Tag „geschenkt“ bekommen. Man kann sich die Geschenke leider nicht immer aussuchen. Aber wie heißt es so schön. „Einem geschenkten Hund schaut man nicht in den Mund“. Alles Gute zum Geburtstag!!

5 Kommentare:

  1. Lieber Florian, du hast in diesen 3 Jahren vieles erlebt. Gutes wie Schlechtes , und diese Erfahrungen werden dein weiteres Leben sehr stark beeinflussen. Ich denke mir das ist ein grosses Geschenk. Weiterhin gute Fahrt und immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel. Sabine und Michael

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  2. Lieber Florian, das hast du aber schön geschrieben mit dem Geburtstagsgeschenk :-) Auch von uns alles Liebe zum letzten 40er und viel Spass noch auf eurem Weg und vor allem immer guten Wind und nicht zu viel Welle. Ganz liebe Grüsse aus Wien von Sylvia und Helmut

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  3. Marianne Grädel8. Juli 2016 um 07:32

    Halihalo ihr lieben, Glückwunsch zum Geburtstag und zur tollen Leistung mit der Anfahrt! Ich fürchte mich schon beim blossen Lesen...

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  4. Auch aus FRA alles Gute zum letzten 40er Geburtstag, Florian. Da bist Du ja reich beschenkt worden, selbst Wind und Wellen haben an Dich gedacht und sind zum Gratulieren gekommen. Und was Du zum Sinn Eures Tun schreibst, deckt sich zu 100 % mit meinen Erfahrungen. Es sind die Herausforderungen, die mich Inbetriebnahmen machen läßt, man lernt auch Grenzen kennen (auch intensiv), aber rüberbringen an Leute, die dieses Leben nicht kennen, kann man nicht.

    Ein schönes Wochenende!
    Rudi

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  5. Ihr Lieben!
    Charles Belli und seine Frau Noëlle warten schon auf Euch.
    Ruft sie an!
    Charles schrieb mir ( ich hab ihm nämlich zum Erkennen ein Bild aus Annaberg von vor 2 Jahren geschickt, auf dem ich zwischen Euch beiden stehe):
    "Your friend is a giant "!!!
    Connyjulihitzegrüße aus good old Austria :-)

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