Dienstag, 13. August 2013

BESUCHEN SIE MISTELBACH

Florian

Die Dünung hat uns in der Nacht ein wenig zu schaffen gemacht. Ein Schiff legt sich ohne Antrieb immer quer zur Welle, so auch unsere ESPERANZA. Vom offenen Meer stand in der Nacht eine geringe Dünung in unsere Ankerbucht, aber genug, dass sich die ESPRANZA immer wieder erheblich aufschaukelte und mich im Bett hin und her rollte. Martina war bereits in den Salon geflüchtet.

Heute ist Tanken angesagt; das letzte Mal hatten wir auf Lastovo getankt, das war vor ca. 60 Stunden. Ich rechne mit 100 Stunden Sprit und schaue, dass ich nach ca. 50 Stunden die nächste Tankstelle finde. Zunächst hatte ich vor in die Marina Grande auf Capri zu fahren, also auf die andere Seite der Insel (falls jemand Martinas Rätsel nicht lösen konnte – Capri war die Antwort; ja jene Insel, die nach dem berühmten Ford Capri benannt ist – das war mein bestes Matchbox Auto; so schließen sich de Kreise). Als wir das Südwestkap umrundeten sahen wir aber Ischia vor der Nase, also Planänderung und 18 sm nach Ischia.

Der Hafen von Ischia ist ein beeindruckender Naturhafen; enge Einfahrt und danach öffnet sich ein fast kreisrundes Hafenbassin  mit ca. ½ sm Durchmesser. Gleich rechts war die Tankstelle. Wir mussten nicht lange warten, die beiden kleinen Motorboote vor uns waren gleich fertig betankt. Mit einer Kurve nach Backbord „schmierte“ ich mich an den Tankstellenanleger; kurz Retourgang (linksdrehende Welle, daher im Retourgang rechts) und das Heck des ESPRANZA drückte sich perfekt an den Anleger – da war ich doch ein wenig stolz auf mein perfektes Anlegemanöver.
Den Tankwart hat es weniger beeindruckt. 157 Liter Diesel, 288,00 EURO (korrekt 1,83 der Liter!) und wir waren voll; 2,37 l Diesel pro Stunde. Beim Ablegen meint er ich solle verkehrt hinausschieben; ich deutete auf das Motorboot hinter mir und meinte, dass sich mein Heck wegen des Radeffekts der Schraube nach Steuerbord schiebt, weswegen ich nicht nach achtern ablegen könne. Er schob mich aber einfach am Heck weg vom Anleger. Zum Glück war nach vorne ausreichend Platz, sodass ich nach vorne in einem Bogen ablegen konnte. Im Hintergrund machte der Tankwart noch irgendwelche Bemerkungen über die ESPERANZA; der soll einmal versuchen mit diesem Schiff an- bzw. – abzulegen. Die Italiener fahren Fiat 500 und denken auch so punkto Beweglichkeit der Schiffe. Einen trägen Langkieler wie unser Schiff sind sie überhaupt nicht gewohnt.

Um 12h Mittags haben wir unsere ersten 1.000 Sm hinter uns gebracht, und das ohne Champagner (Martina)

Nachdem wir den Hafen wieder verlassen hatten, wollten wir nach Isola di Ponza, doch wir hatten die Rechnung wieder einmal ohne den Wind gemacht. Aber wenigstens war guter Segelwind, 12 - 15 Knoten laut unserem Windmesser. Also segelten wir hart am Wind so nordwestlich als möglich – konkret waren das 350°. Ich dachte: „schaun wir wohin uns der Wind  bläst“. Und das war eine gute Entscheidung. So kamen wir ins Mistelbach von Italien – Gaeta – kennt wer? Ich jedenfalls habe davon noch nie gehört. Um 20 Uhr nach 6 Stunden perfektem Segeln unter Vollzeug mit 5-6 Knoten passierten wir im letzten Zacken Tageslicht das Kap Gaeta und legten uns in die wunderbare Bucht vor der Altstadt vor Anker. Es war perfekt: riesige Basilika, mittelalterlich Burg, nette Hafenpromenade; niemand der sich über unser Ankern unmittelbar vor der Stadt mokiert, freundliche Menschen.

Fazit: kleine Provinzstädte sind wesentlich angenehmer als berühmte Großstädte oder Touristenmetropolen. Daher Mistelbach statt Wien und Gaeta statt Ischia oder Rom oder Capri. Übrigens wen´s tatsächlich interessiert: Gaeta hat ca. 20.000 Einwohner, ist Bischofssitz (was in Italien nicht wirklich etwas Besonderes ist), war Zufluchtsort für irgendeinen Papst im Mittelalter, den man aus Rom vertrieben hat und es ist ein amerikanisches Kriegsschiff hier stationiert. Berühmte Söhne hat die Stadt auch nicht wirklich produziert. Mir alles egal - ich bin ab sofort jedenfalls ein Fan von Gaeta.


Burg ist heute Staatsgefängnis - mit Aussicht



Was mich hier aber am meisten beeindruckt hat, war, dass die Guardia Finanza (also die italienische Finanzpolizei) eine zumindest EUR 5 mio teure supertolle ca. 120 Fuss lange Luxus-Segelyacht im Hafen liegen hatte; warum die so etwas brauchen, habe ich mich aber nicht zu fragen getraut.

1 Kommentar:

  1. da war wohl noch ein kleines plus zum Jahresende am Konto... wenn man bei den öffentlichen Ausgaben spart geht sich schon ein kleines Schiffanakl aus ;)

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